Der goldene Käfig
Das Musical beschreibt das Leben der österreichischen Kaiserin aus der Sicht ihres späteren Mörders, dem italienischen Anarchisten Luigi Lucheni. Er übernimmt vom schaurigen Prolog an die Führung durch ihr Leben und bringt in kleinen Kommentaren die Sicht der Unterschicht in die noblen Kulissen ein. Die Diskrepanz zwischen der freien Kindheit und der Überwachung durch den Hof – allen voran durch die Schwiegermutter Sophie – wird schnell deutlich. Lakonisch wird der Vorgang vom Erzähler Lucheni kommentiert: „Der Vogel ist im Käfig gelandet, aber noch nicht dressiert.“ Bis ins eheliche Bett überprüft Erzherzogin Sophie das Verhalten ihrer neuen 16-jährigen Schwiegertochter und der Sohn Franz-Joseph gibt ihr bereitwillig Auskunft. Schnell macht die Erzherzogin Elisabeth klar: ‚Eine Kaiserin muss glänzen‘. In diesem Duett zwischen Sophie und der Gräfin Esterházy wird der Druck des Hofes durch die bedrängende Choreografie sichtbar. Elisabeth wendet sich hilfesuchend an ihren frisch angetrauten Mann, der sie auffordert, besser die Ratschläge seiner Mutter zu befolgen. Ihre Enttäuschung singt sich Elisabeth im ergreifenden Solo ‚Ich gehör nur mir‘ von der Seele.
An ihrer Seite
Der Tod erscheint als junger attraktiver Mann bereits zu Beginn des Musicals und bietet sich Elisabeth in ihrer wachsenden Verzweiflung stets als Geliebter an. Obwohl sie sich stark von ihm angezogen fühlt, entscheidet sie sich immer wieder gegen ihn. Der Konflikt zwischen Elisabeth und ihrem Mann wird mit Elisabeth, mach auf, mein Engel‘ verdeutlicht. Franz-Joseph möchte nach einem anstrengenden Tag in Elisabeths Armen Ruhe finden. Elisabeth überreicht ihm jedoch ein Ultimatum und stellt ihn vor die Wahl: Seine Mutter oder sie. Als Franz-Joseph geht, erscheint der Tod und ruft ihren Namen. Im letzten Moment schmettert sie ihm entgegen: „Ich bin zu jung um aufzugeben.“, und entzieht sich ihm erneut mit dem festen Beschluss, nun ihre Schönheit zu nutzen. Franz-Joseph teilt ihr in dem Lied ‚Ich will dir nur sagen‘ mit, dass er sie nicht verlieren will und ihr mehr Freiheiten geben wird. An dieser Stelle wird auch der endgültige Wandel des kleinen Mädchen hin zur selbstbewussten Monarchin deutlich. Elisabeth antwortet: „Wenn ich dich verstehn soll, will ich auch verstanden sein.“
Fluchten
Im zweiten Akt versucht sich Elisabeth in ‚Wenn ich tanzen will‘ vom Tod zu emanzipieren. Ihr treuer Begleiter stimmt allerdings mit ein und lässt sich nicht vertreiben. Insgesamt ist der zweite Akt düsterer. In späteren Versionen des Musicals wurde die Rolle der Erzherzogin weiter ausgebaut und ihr mit dem Lied ‚Bellaria‘ im zweiten Akt ein Forum geboten, ihre Sicht der Dinge darzustellen und die düstere Prognose abzugeben: „Wer die Pflicht vergisst, wird zugrunde gehen.“ Franz-Joseph und die Bediensteten besingen Elisabeths Fluchten in ‚Rastlose Jahre‘. Kunze hat kunstvoll erhaltene Briefe von Franz-Joseph in das Lied eingeflochten. Auch die gesellschaftliche Stimmung und der aufkommende Antisemitismus und Nationalismus werden im zweiten Akt behandelt.